Der Koenig von Korsika by Kleeberg Michael

Der Koenig von Korsika by Kleeberg Michael

Autor:Kleeberg, Michael [Kleeberg, Michael]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Dabei begleitete sie sich mit beschreibenden Gesten und zuckte in der letzten Zeile sogar hoch, als hätte sie sich auf ein Nadelkissen gesetzt. In das gleich wieder losbrechende Gelächter stimmte Jane selbst mit ein, und obwohl Theodor zu weit entfernt stand, kam es ihm vor, als blicke er direkt in ihren offenen Mund, in die rosigen Tiefen des Rachens bis zum hüpfenden Zäpfchen.

Dann rutschte sie vom Tisch und tauchte im Pulk der Männer unter, was nicht ohne Berührungen der Schultern und Oberkörper abging, so dicht standen sie um sie herum. Ein Kranz von Lachfältchen war um ihre grünen Augen. Sie entdeckte ihn, musterte ihn mit etwas verschwiemeltem Blick und rief: Ah, der Herr Baron, jetzt haben Sie mich ertappt, aber Theodor war zu absorbiert von den Blicken der durcheinanderplappernden Männer, um zu reagieren. Er sah ihre Augen, ihre Gesten, ihre Körperhaltung, und in all dem war nicht schwer zu lesen.

Man mußte das wohl, gestand Theodor sich später, eine Kuckucksliebe nennen, die ihr Ei erst legen konnte, wenn irgendwo ein Nest gebettet war, das heißt, auch wenn man es nicht unbedingt ihm persönlich zugedacht hatte. Seine Gefühle entstanden im Wahrnehmen und Sich-Aneignen der Gefühle anderer, und erst die Blicke dieser Männer auf Jane befähigten ihn, sie selbst zu erkennen.

Das heißt, er ehrte das Gefühl, wo immer er es antraf, nicht jedoch die, die es empfanden: Ihnen gegenüber konnte Theodors Rücksichtslosigkeit in einem solchen Fall enorme Proportionen annehmen.

Er verfiel in eine jener Trancen, die ihm von früher bekannt waren, jene kurzfristigen Blind- und Taubheiten, in denen er Entfernungen überbrückte, ohne es zu bemerken. Er drängte sich zwischen den Männerkörpern hindurch ins Zentrum des Gelächters, ergriff Lady Ormond am Arm, zog sie unter den protestierenden, aber von ihm abprallenden Rufen der anderen fort, aus dem Zimmer hinaus, in einen Korridor und machte ihr einen Heiratsantrag.

Sie musterte ihn eine Weile, räusperte sich dann und willigte ein.

Nach diesem Auftritt war es nicht gut möglich, sich zu trennen und auf einen späteren Tag zu verabreden, und während Theodor noch dastand und ungläubig das soeben Geschehene im Geist rekapitulierte, sagte Jane mit einem angelsächsischen Sinn für das Praktische und Naheliegende: Gehen wir zu mir, Baron.

Sie wohnte im Palast, denn sie mußte, wie er einst als Page der Pfälzerin, in Reich- und Rufweite ihrer Herrin leben. Zunächst stellte sie ihm ihre drei Katzen vor: This is Harriet (eine adelige Kartäuserkatze, die ihn musterte und zu billigen schien), this is Gordon (ein großer getigerter Straßenkater mit einem Knick am Ende des Schwanzes, der in einer Tür eingeklemmt worden war; Gordon sprang sofort auf Theodors Schoß und schnurrte), and this is Friday (eine junge schwarzweiße Katze, sie hatte Defoe gelesen – Jane natürlich). Dann drehte sie sich um und präsentierte ihn den Tieren: And this is Big Cat.

Sie war der erste Mensch seit seiner Mutter, der ihm einen Kosenamen verlieh. Aber nicht nur ihm: Auch die Katzen, mit denen er so förmlich bekanntgemacht worden war, trugen Zweitnamen. Harriet wurde so nur gerufen, wenn es Futter gab oder wenn sie ihre Krallen am weichen Kirschbaumholz des Sekretärs schärfte.



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